Hochschultag der PHSG: Berufsausbildende fit für die Zukunft machen
Der diesjährige Hochschultag der Pädagogischen Hochschule St.Gallen (PHSG) stand im Zeichen der Berufsbildung. Zwar konnten sich die Teilnehmenden coronabedingt nicht vor Ort treffen, doch auch der virtuelle Austausch funktionierte bestens. Zum einen reflektierten Expertinnen und Experten über die Herausforderungen der Berufsbildung, zum anderen wurden Arbeiten und Perspektiven der PHSG im Bereich Ausbildung von Berufsbildenden vorgestellt. Der Anerkennungspreis für die Förderung der St.Galler Lehrerinnen- und Lehrerbildung ging an das langjährige Hochschulratsmitglied Franco De Zanet.
Wie so viele Veranstaltungen in dieser Zeit fand auch der Hochschultag der Pädagogischen Hochschule St.Gallen (PHSG) in neuer Form statt. Für einmal kamen die Gäste nicht analog in Rorschach zusammen, sondern trafen sich virtuell zu Hause oder im Büro. «Die letzten Monate haben uns gezeigt, dass die Digitalisierung nicht mehr aufzuhalten ist und wir ihr offen gegenüberstehen müssen», sagte Prof. Dr. Horst Biedermann, Rektor der PHSG, in seiner Begrüssung. Die Digitalisierung sei aber nur eine von vielen Herausforderungen in der heutigen Zeit. «Auch der demographische Wandel und die Silver Society, die Mobilität und Globalisierung oder die Neo-Ökologisierung werfen viele Fragen auf, die auch die Arbeitswelt, den Arbeitsmarkt und die Berufsbildung beeinflussen.» Über solche Fragen wurde am Hochschultag, der dem Thema «Am Puls der Berufsbildung» gewidmet war, von heute Freitag, 13. November 2020, diskutiert. Moderiert wurde der Anlass von PHSG-Dozent Max Koch.
Die PHSG nehme ihre Verantwortung mit der Aus- und Weiterbildung von Berufsfachschullehrpersonen wahr, da sie es seien, die die nächsten Generationen auf deren Berufstätigkeit vorbereiten, sagte Prof. Dr. Horst Biedermann. Regierungsrat Stefan Kölliker betonte, dass es heute nicht mehr genüge, als Lehrperson sein Fachwissen 90 Minuten lang im Frontalunterricht weiterzugeben. «Gerade die Berufsbildung, die eng mit der Wirtschaft verknüpft ist, muss ihr Ohr stets am Puls der Zeit haben und die neuesten Entwicklungen für den Unterricht, sowohl fachlich, didaktisch und pädagogisch, aufnehmen.» Die Hochschule nehme hier als Ausbildungsinstitution und Wissenszentrum im Bereich Bildung, aber auch als Forschungsstätte eine wichtige Rolle ein: für die Berufsbildung und die Gesellschaft. «Die PHSG hat die Aufgabe, Lehrpersonen der Berufsbildung fit für den Unterricht der Zukunft zu machen», sagte Stefan Kölliker.
SwissSkills als Karriere-Sprungbrett
Margrit Stamm, emeritierte Professorin für Erziehungswissenschaften der Universität Fribourg, sprach in ihrem Referat über die Erfolgsfaktoren der Berufsbildung und hob dabei die SwissSkills hervor, die mittlerweile als «Sprungbrett für die Berufskarriere» gelten. «36 Prozent aller Teilnehmenden verzeichneten danach einen markanten beruflichen Aufstieg», sagte sie und fügte an, dass die SwissSkills allerdings noch verstärkt als Werbemittel für die Berufsausbildung genutzt werden sollten. Auch in verschiedenen anderen Bereichen sieht die emeritierte Professorin Entwicklungspotenzial. So müsse beispielsweise das Rekrutierungsverfahren für die Berufslehre überarbeitet werden, um attraktiv gegenüber dem Gymnasium zu bleiben. Zudem sollten die Berufsberatungen stärker integriert werden. «Gute Noten allein sind kein Indikator für das Gymnasium, viel wichtiger sind Neigungen und Fähigkeiten.» Sie betonte ebenfalls, dass Eltern früher und besser in die Berufswahl der Kinder miteinbezogen und die Geschlechtsunterschiede berücksichtigt werden sollten.
Die Sicht der Wirtschaft auf die Berufsbildung präsentierte Markus Bänziger, Direktor der Industrie- und Handelskammer IHK St.Gallen-Appenzell. «Die Ostschweizer Wirtschaft ist vielfältig, es gibt nicht die einen Erwartungen an die Berufsbildung», sagte er. Aber es gebe einen gemeinsamen Nenner und der finde sich im Wandel und in der Individualität. Ein Wandel sollte gemäss Markus Bänziger auch bei den Berufsfachschulen im Kanton St.Gallen stattfinden. Die Ausbildung müsse mit den Veränderungen in der Arbeitswelt Schritt halten, sagte er. Deshalb fordere die IHK eine Umstrukturierung der Berufsfachschulen. Sie sollen neu nach Kompetenzen organisiert werden und nicht wie bis anhin nach geografischen Gesichtspunkten. Jeder Kompetenzbereich wie Logistik, Verkauf, Gewerbe oder Technik soll eine eigene Berufsfachschule bekommen. «Durch die Bündelung der Berufe einer Branche können wertvolle Synergien freigesetzt und die Ausbildungsqualität erhöht sowie an die Erwartungen der Wirtschaft angepasst werden», sagte der IHK-Direktor.
Drei Angebote der Berufsbildung
Die PHSG hat im Bereich Berufsbildung einiges anzubieten. «Die Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten sind vielfältig, nach dem Motto: Kein Abschluss ohne Anschluss», sagte Prof. Dr. Peter Müller. So bietet die Hochschule beispielsweise seit über zehn Jahren eine kompetenzorientierte Ausbildung für Lehrpersonen für den berufskundlichen und den allgemeinbildenden Unterricht. «Mit den Studiengängen für den berufskundlichen Unterricht werden angehende Lehrpersonen befähigt, ihr Berufswissen an die Lernenden weiterzugeben», erläuterte Peter Müller. «Das Ziel der Studiengänge für den allgemeinbildenden Unterricht ist es, Studierende so auszubilden, dass sie in ihrer späteren Arbeit den Lernenden das Rüstzeug mitgeben können, sich in ihrer Lebenswelt erfolgreich zu behaupten.»
Prof. Isabelle Bischof zeigte die neuen Wege auf, die die PHSG in der Erwachsenenbildung geht. «Seit Anfang 2019 bieten wir in Eigenregie fünf SVEB-Module des AdA-Baukastensystems für Ausbildnerinnen und Ausbildner in der Erwachsenenbildung und in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung bis zum eidgenössischen Fachausweis an», sagte sie. Allein in dieser kurzen Zeitspanne habe die PHSG bereits 168 Personen erfolgreich qualifizieren können. Um qualitativ hochstehende Lehr- und Weiterbildungsangebote weiterhin gestalten zu können, muss mehr darüber erfahren werden, wie professionelle Kompetenzen so gefördert werden können, damit ein spannender und aktiver Unterricht gelingt. «Hierfür benötigen wir fundierte Kenntnisse zu den Lebenswelten und den Lerngelegenheiten der Berufslernenden», sagte Prof. Dr. Doreen Holtsch. Und damit beschäftigt sich der Arbeitsbereich Berufsbildungsforschung, dessen Erkenntnisse und Impulse wieder in die Aus- und Weiterbildung von Berufsbildungsverantwortlichen und in die Praxis fliessen.
Anerkennungspreis an Franco De Zanet verliehen
Am Hochschultag wird jeweils auch der Anerkennungspreis für die Förderung der St.Galler Lehrerinnen- und Lehrerbildung verliehen. In diesem Jahr ging die Auszeichnung an Franco De Zanet für seinen langjährigen Einsatz zugunsten der PHSG. 2004 wurde der Unternehmer aus Kaltbrunn in den Hochschulrat der Pädagogischen Hochschule Rorschach (PHR) gewählt. Gleich zu Beginn seiner Tätigkeit setzte er sich für die erfolgreiche Zusammenführung der PHR und der PHS zur heutigen PHSG ein. Eine hohe Qualität der Lehrerinnen- und Lehrerbildung war ihm sehr wichtig, ebenso die kontinuierliche Weiterentwicklung der PHSG zu einer innovativen Hochschule. So unterstützte er beispielsweise die Erweiterung des gesetzlichen Grundauftrags der PHSG mit der Ausbildung von Lehrpersonen auf der Sekundarstufe II. «Franco De Zanet hat die Entwicklung der Hochschule entscheidend mitgeprägt und sichtbare Spuren hinterlassen», sagte Regierungsrat Stefan Kölliker in seiner Laudatio.
Statt des traditionellen Apéro riche gab es zum Schluss den Auftritt des St.Galler Wortakrobaten Etrit Hasler. Pointiert und mit viel Sprachwitz fasste er das Geschehen des Nachmittags zusammen, was wohl auch vor den Bildschirmen zu Hause oder im Büro für viele Lacher sorgte.