Wenn sich der Buchsbusch bewegt
Im Mittelpunkt des diesjährigen «Artist in Residence»-Projekts der PHSG steht die Gartenanlage des Campus Mariaberg. Drei Künstlerinnen haben sich in den vergangenen zwei Monaten intensiv mit der Anlage auseinandergesetzt und ein neues Kunstprojekt geschaffen. PHSG-Studierende durften den Arbeitsprozess begleiten.
Zwei Buchsbüsche, die auf dem frisch gemähten Rasen herumfahren und Interventionen an den Beleuchtungskörpern: In die sonst so klar strukturierte Gartenanlage des Campus Mariaberg der PHSG in Rorschach ist Bewegung gekommen. Und diese Bewegung ist das Resultat des Kunst- und Kulturprojekts «Artist in Residence». Seit gut 20 Jahren gibt die Hochschule Kunstschaffenden eine Plattform, eigene Kunstprojekte zu realisieren. Diese werden dann durch Publikationen und Anlässe wie Begehungen und Führungen durch Studierende in der Öffentlichkeit sichtbar. Dadurch soll eine Brücke zwischen den Kunstschaffenden und der PHSG als Ausbildungsstätte gebaut werden. Lanciert wird «Artist in Residence» in unregelmässigen Abständen von der Stiftung Mariaberg.
In den vergangenen acht Wochen haben die drei bildenden Künstlerinnen Beate Frommelt, Asi Föcker und Claudia Marolf viel Zeit auf «Mariaberg» verbracht und sich künstlerisch mit den Formen, Farben und Pflanzen der Gartenanlage auseinandergesetzt. Gleichzeitig gaben sie Studierenden, die das Freifach «Kunst macht PHSG» belegen, Dozierenden sowie Schülerinnen und Schülern der Begabtenförderungsklasse Rorschach Einblick in ihr Schaffen. Sie tauschten sich mit ihnen aus und liessen sie an ihrem kreativen Prozess teilhaben. Geplant war, dass jede Künstlerin ihr eigenes Projekt verwirklicht. Schliesslich ist es eine Kollektivarbeit geworden. «Für die Studierenden war interessant mitzuerleben, wie ein Kunstwerk entsteht, wie eine Idee verfolgt und dann doch wieder verworfen wird», sagte Kristin Ludin, Mitglied der Projektleitung und der Stiftung Mariaberg, an der Vernissage vom vergangenen Donnerstagabend, 28. April 2022.
Die eigenen Sinne schärfen
Die Begegnungen und Gespräche zwischen Kunstschaffenden und Studierenden sind ein wichtiger Teil von «Artist in Residence». Sie bieten den künftigen Lehrerinnen und Lehrern die Möglichkeit, künstlerisches Arbeiten zu beobachten, durch die erlebbare Herangehensweise der Kunstschaffenden die subjektive Wahrnehmung zu schärfen und diese im Hinblick auf die eigene berufliche Tätigkeit zu reflektieren. «Ich habe gelernt, dass es nicht in erster Linie das Resultat ist, das zählt, sondern der gesamte Prozess», sagte eine Studierende und eine andere ergänzt: «Ich habe dem Garten vorher keine grosse Beachtung geschenkt. Jetzt ist er zu einem speziellen Ort für mich geworden.» Durch die Begegnungen sei viel Wissen entstanden, ist Prorektor Christian Brühwiler überzeugt. «Es wurden auf den verschiedensten Ebenen viele Erfahrungen gemacht, was für alle Beteiligten sehr wertvoll ist.»
Für den Initiator des Projekts und ehemaligen PHSG-Rektor Erwin Beck ist es wichtig, die Tradition der Kunst- und Kulturvermittlung weiterhin zu fördern. Diese konkrete Auseinandersetzung zwischen Kunstschaffenden und Pädagoginnen und Pädagogen ermögliche angehenden Lehrerinnen und Lehrern, Erfahrungen mit Kunst zu sammeln und mögliche Rollen von Kunst und Schule zu erleben und diskutieren, liess er per Grussbotschaft ausrichten. Unterstützt wird das Projekt von verschiedenen Seiten, unter anderem vom Kanton St.Gallen. «Es ist schön zu sehen, wie in diesem Garten Kunst wächst», sagte Eduard Hartmann vom Amt für Kultur, und auch Peter Hirzel, Künstler und direkter Nachbar der Anlage, gefällt der Blick aus dem Fenster. «Für die Kunstschaffenden ist es zudem etwas Besonderes, ausserhalb der eigenen vier Wände und los gelöst von Schemata zu arbeiten», sagte der ehemalige Präsident des Kunstvereins Rorschach.
Gesangliche und tänzerische Interpretation
Von den drei Künstlerinnen und ihrer Arbeit liess sich auch Musikerin und PHSG-Studentin Riana Steinmann inspirieren, die ein Lied zum Garten-Kunstwerk komponiert hatte und es an der Vernissage im Appenzeller Dialekt vortrug. Einige Studierende der Theaterpädagogik zeigten in szenischen Episoden ihre Interpretation des Kunstprojekts, andere gaben eine gesangliche Kostprobe des Musicals «Die Furtigen», das am Freitag, 6. Mai 2022, im Hochschulgebäude Stella Maris in Rorschach unter freiem Himmel Première feiert.