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Teilnehmende der Lernwerkstättentagung 2022 folgen einem Referat.

Brückenschlag zwischen RDZ und PHSG-Ausbildung

An der diesjährigen internationalen Lernwerkstättentagung an der Pädagogischen Hochschule St.Gallen (PHSG) in Rorschach haben sich die Teilnehmenden vor allem mit der Frage beschäftigt, wie sich Lernwerkstätten im Zeitalter von Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Chancengerechtigkeit positionieren können.

Wellkarton, Schere, Leim und Kleber: Mithilfe dieser Materialien müssen die Lernbegleiterinnen und Lernbegleiter eine Körper-Erweiterung gestalten, die sie sich wünschten, wenn wieder einmal das totale Chaos droht. Während die einen noch nachdenken, legen die anderen bereits los. Es wird geschnitten, gebastelt, geklebt – und nach 20 Minuten können alle ihr Werk präsentieren. «Kreativität ist für die Lernbegleitung ein wichtiges Thema», sagt Workshop-Leiterin und PHSG-Dozentin Claudia Sturzenegger. Chancengerechtigkeit könne vor allem dann entstehen, wenn die Menschen fähig seien, für sich selbst und mit anderen zusammen zu denken, Lösungen auszuprobieren, kritisch zu hinterfragen und durch Fehler weiterzukommen. Eine Workshop-Teilnehmerin zeigt die Brille, die sie gestaltet hat. Damit könne sie einerseits ganz genau hinsehen, andererseits ermögliche ihr der aufklappbare Sichtschutz auch, die Augen für einen Moment vor der unübersichtlichen Situation zu verschliessen. Eine andere Teilnehmerin hat aus dem Karton eine Hand geschnitten und sich auf die Brust geklebt. Manchmal seien zwei Hände einfach zu wenig, sagt sie und lacht. 

Lernwerkstätten der Zukunft thematisiert
Der Workshop «Kreatives Denken initiieren und fördern, Lernbegleitung in Gestaltung» war einer von insgesamt sechs Workshops, die im Rahmen der internationalen Lernwerkstättentagung an der PHSG durchgeführt wurden. Etwa 70 Personen aus Lernwerkstätten an Schulen und Hochschulen sowie eine Gruppe von Studierenden der PHSG waren vom 18. bis 21. Mai 2022 nach Rorschach gekommen, um sich zum Thema «Lernwerkstätten 2030: nachhaltig, digital, divers» weiterzubilden und über künftige Themenschwerpunkte hinsichtlich der Weiterentwicklung von Lernwerkstätten auszutauschen. Damit nahm die Tagung eine aktuelle Diskussion in Bildung und Gesellschaft auf. 
Im Zentrum stand die Frage, wie sich Lernwerkstätten im Kontext dieses Diskurses positionieren können. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer näherten sich der Thematik auf unterschiedlichste Weise. Zum einen gab es in Form von verschiedenen Workshops Einblick in ausgewählte Lehrinhalte der PHSG. Dabei war der Bezug zur Arbeit in den Lernwerkstätten und zu den vier künftig gefragten Kompetenzen Kreativität, kritisches Denken, Kollaboration und Kommunikation wichtig.

Inputreferat von Hartmut Wedekind
Zum anderen lernten die Teilnehmenden jeweils ein Lernarrangement in einem der fünf Regionalen Didaktischen Zentren (RDZ) kennen und setzten sich dabei intensiv mit den Aspekten der Lernbegleitung auseinander. «Gerade im Umgang mit der Vielfalt der Lernenden spielt die Lernbegleitung eine zentrale Rolle», sagt RDZ-Leiterin Sandra Zehnder. Wissenschaftliche Inputs gab es an der Tagung von Dr. Annika Gruhn von der Universität Siegen, die Ergebnisse ihres ethnografischen Forschungsprojektes zur Lernbegleitung in Hochschullernwerkstätten vorstellte, und von Prof. Dr. Hartmut Wedekind, der einen Rück- und Ausblick zur Arbeit in Lernwerkstätten machte. Hartmut Wedekind arbeitete 18 Jahre in der Lehre und Forschung im Bereich der Grundschulpädagogik an der Humboldt Universität zu Berlin, später auch an der Alice Salomon Hochschule, und baute Hochschullernwerkstätten mit Lern- und Erfahrungsräumen für Studierende auf. «Für die Teilnehmenden war die Tagung eine gute Gelegenheit, den Brückenschlag zwischen den Regionalen Didaktischen Zentren und der Ausbildung der PHSG zu erleben», sagt Sandra Zehnder. Gleichzeitig hatten sie die Möglichkeit, ihre eigenen Erfahrungen in die Diskussionen einzubringen und Impulse zu erwerben, die sie wiederum für die Arbeit in ihren Lernwerkstätten nutzen konnten.